Muss ich gegenüber der Polizei aussagen?
Als Beschuldigter einer Straftat hast du das Recht, die Aussage zu verweigern (§ 136 StPO). Über dieses Recht ist der Beschuldigte auch zu belehren, andernfalls ist seine Aussage (sogar etwa ein Geständnis) nicht verwertbar und damit unbrauchbar. Gegenüber der Polizei bist Du nur verpflichtet, Angaben zu deiner Person zu machen, das sind ausschließlich:
- Name, Vorname
- (Melde-)Adresse
- allgemeine Berufsbezeichnung (z.B. "Student" oder "Angestellter")
- Geburtsdatum und -Ort
- Familienstand (z. B. "ledig")
- Staatsangehörigkeit
Bei ALLEN anderen Fragen hast du das Recht, die Aussage zu verweigern. Von diesem Recht solltest du unbedingt Gebrauch machen. Du musst weder Angaben über dein monatliches Einkommen noch über deinen Arbeitgeber machen, und du musst dich auch nicht in ein Gespräch verwickeln lassen. Auch wenn Polizisten dir erzählen, dass es "besser wäre jetzt sofort auszusagen", ist das schlichtweg falsch. Du hast nach der Vernehmung noch genug Zeit, über eine Aussage in Ruhe nachzudenken und sie mit einem Anwalt zu besprechen, der dir hilfreiche Tipps geben kann, damit du bestmöglichst da raus kommst.
Auch wenn du meinst, dir werden Sachen vorgeworfen, mit denen du gar nichts zu tun hast, solltest du trotzdem die Aussage verweigern. So eine Aussage kann möglicherweise einen anderen Fan belasten. Auch Informationen darüber, was Du NICHT getan hast, helfen der Polizei, ein Gesamtbild gegen dich und andere zu konstruieren. Es ist jedoch ein Gebot der Solidarität gegenüber anderen Fans und der Vernunft im Hinblick auf ein mögliches eigenes künftiges Strafverfahren, andere nicht zu belasten.
Was tun im Verhör?
Lass dich im Verhör nicht einwickeln. Am besten ist es, von vorneherein klar zu machen, dass du umfassend die Aussage verweigerst. Nach den Fragen zur Person kommen oft erstmal ganz "unverfängliche" Fragen: "Wie lange wohnen Sie denn schon in...?" "Sind Sie mit dem Auto hergekommen?" "Im wievielten Semester sind Sie?"... Wenn sie merken, dass du darauf eingehst und antwortest, werden sie ihre Chance wittern und weiterbohren. "Was ist denn dabei, wenn Sie mir sagen, ob Sie mit XY zusammenwohnen?" "Warum wollen Sie mir denn das nicht sagen?" "Das lässt sich doch feststellen, wem das Auto gehört, das hält doch jetzt nur auf, wenn Sie es nicht von sich aus sagen" usw. Völlig anders ist die Situation in dem Augenblick, in dem du unmissverständlich klar machst, dass du die Aussage verweigerst: Auf jede Frage: "Ich verweigere die Aussage!" Keine Angst, niemand hält dich für blöd, auch wenn dein Gegenüber so tun wird. Er/sie wird im Gegenteil sehr schnell kapieren, dass es dir ernst ist und du deine Rechte kennst.
Muss ich zu einer Vorladung der Polizei erscheinen?
Wirst du von der Polizei vorgeladen, musst du nicht hingehen. Nur zur Staatsanwaltschaft, zum Ermittlungsrichter und zu einem Prozesstermin musst du erscheinen (auch dort hat man das Recht, die Aussage zu verweigern). Zu polizeilichen Vorladungen muss man nicht erscheinen, auch wenn die Schreiben teilweise so formuliert sind, als wäre es eine Verpflichtung. Du bist auch nicht verpflichtet abzusagen. Einzelheiten solltest du mit deinem Anwalt besprechen. Als Zeuge hast du das Recht, erst auf die Vorladung durch einen Staatsanwalt oder Richter zu warten, bis du eine Aussage machst. Dies solltest du auch tun, um den Schaden für dich und andere möglichst gering zu halten.
Wie verhalte ich mich gegenüber szenekundigen Beamten?
Es ist Aufgabe der szenekundigen Beamten (= Zivilbeamte = "Zivis"), Informationen über die Fanszene zu sammeln. Um diese Aufgabe zu erfüllen, sind sie auf persönliche Kontakte angewiesen. Es ist also ihr Job, "nett", "verständnisvoll" und "hilfsbereit" zu sein. Es ist deshalb zu empfehlen, gegenüber szenekundigen Beamten jegliche Aussage zu verweigern. Auch harmlose Fragen wie zum Beispiel "Fahrt ihr zum nächsten Spiel nach Bielefeld?" oder "Wie war’s beim letzten Spiel so?" sollte man nicht beantworten. Sie sind darauf geschult, auch scheinbar unwichtige Details zu einem Bild über dich und dein Umfeld zusammenzufügen. Jede Frage dient ihnen dazu, Fakten zu sammeln und ein Gesamtbild von dir zu erstellen, um es später bei einem Vorfall möglicherweise verwenden zu können.
Infos zur Datei "Gewalttäter Sport" (GS)
Eingeführt zur zentralen Erfassung von Gewalttätern im Zusammenhang mit Sportereignissen, entwickelte sich die Datei "Gewalttäter Sport" (GS) zu einer Schikanemaßnahme gegen Fußballfans. Die Formulierung für die Aufnahme in die GS-Datei ist teilweise sehr vage: "Dort werden Personen gespeichert (...) wenn zu befürchten ist, dass die betroffenen Personen sich in Zukunft an anlassbezogenen Straftaten beteiligen werden." Damit sind Willkürmaßnahmen gegen Fans Tür und Tor geöffnet. Die Behörden sind nicht einmal verpflichtet einer betroffenen Person die Aufnahme in diese Datei mitzuteilen. Somit besteht auch keine Möglichkeit, gegen die Aufnahme in die GS-Datei Protest einzulegen. Eine Feststellung der Personalien kann ausreichen, um in die GS-Datei zu gelangen, wenn beispielweise ein Zug voller Fans kontrolliert wird, wenn man am Stadion zufällig in der Nähe einer polizeibekannten Person steht oder wenn man aufgrund seiner Fankleidung in einer Zwangseskorte zum Stadion geführt wird. Stadionverbotsinhaber stehen in der Regel auch in der GS-Datei. Wenn das Stadionverbot aufgehoben wird, weil das Ermittlungsverfahren wegen erwiesener Unschuld eingestellt wurde, steht man oft immer noch drin. Mögliche Folgen bei einem Eintrag in die GS-Datei sind Hausbesuche der Polizei, um eine "Gefährdenansprache" durchzuführen, Verhängen von Meldeauflagen, Ausreiseverbot bei internationalen Spielen.
Was kann man tun?
Die Zentrale Informationsstelle (ZIS) ist verpflichtet, auf die Anfrage von Einzelpersonen hin Auskunft zu geben, ob sie in der Datei stehen oder nicht. Deshalb sollte sich JEDER darüber informieren. Sollte jemand zu Unrecht in der Datei sein und eine Löschung beantragen wollen, kann man sich an den Datenschutzbeauftragten des jeweiligen Bundeslandes wenden oder per Anwalt dagegen vorgehen. Mehrere Gerichtsverfahren gegen Ausreiseverbote sind bereits zugunsten von Fußballfans ausgegangen.
Was kann man noch tun?
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Baden-Württemberg geht Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern nach, die der Ansicht sind, dass eine Behörde oder sonstige öffentliche Stelle (z. B. ein Einwohnermeldeamt, Finanzamt, Sozialamt, Gesundheitsamt, eine Führerscheinstelle, eine Polizeidienststelle, Staatsanwaltschaft, Schule oder Hochschule, nicht aber kirchliche Stellen oder der Südwestrundfunk, für die Besonderes gilt) zu Unrecht ihre Daten erhoben, gespeichert, genutzt oder weitergegeben hat oder ihrer Pflicht zur Datenlöschung nicht nachgekommen ist.
[Quelle: http://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/lfd/aufgaben/default.htm]
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